Kolumne „Lueginsland“ in der Badischen Zeitung vom Samstag, 13.02.2021, geschrieben und gesprochen von B. Ruf
S negscht Johr wider
Diä arme Narre, was miän diä lide, de große Verzicht schu vor de Faschtezit!
Debi gits doch so scheeni Brauchtümer in de Fasnetszit: Kravatte abschnide, Geldbittel wäsche un um de Hemdglunkerumzug ischs halt au schu schad. Grad het er wider so e Art Renaissance erfahre. Mr het in de letschte Johre immer meh ErzieherI*_/nne mit KinderschiälerI*_/nne am schmutzige Dunschdig umender dappe sähne. D Kinder hän aber nit sälwer Krach gmacht, obwohl si des jo zimlig göet kenne, nai, si hän jetz e Leiterwägili mit eme Ghettoblaschter debi un üs dem kunnt Pischtegaudi-Müsik rüs. So ändere sich d Sitte, nit immer zöem Göete.
Un au diä andere Umzig am Sundig un am Mändig were vili vermisse. Was isch des fir e Frejd, stundelang in de Kelti z stoh, sich de Arsch abzfriäre un billigi Gützili an de Kopf bohlt kriäge. Un s Konfetti kajt einem bis Oschtere üs de Tschobe.
So e beeses Ripp, diä Frau Ruf, were jetz d Lit denke, diä will uns d Fasnet verleide.
Ich hab miner Text absichtlig iberspitzt formuliert. S isch nit alles schlecht an de Fasnet. D Lit hän sich schu immer gärn verkleidet. Un frejer hän au diä glaine Gmeinde s ganz Johr iber Peinlichkeite gsammelt un diä deno uf de Elferratssitzung luschtig un au geischtreich ufbereitet. Do fählts hitztedag eweng dra, am Esprit, kennt mr jetz hochgstoche sage.
Villicht s negscht Johr, Zit zöem iberlege hämmer deno jo meh wiä gnöeg gha.
D Recyclinghef hän jo zöe, aber mr wil halt änewäg ufrüme. Do blibe nur noch d Datei uf em Rechner ibrig, säller Abfalleimer kannsch ganz eifach leere, ohni dass dr iberlege möesch, wuhi mit dem ganze Gfräs. Aber mr stolperet au iber so manches, wu mr ins stüne kunnt. So hab ich e Artikel gfunde, wu ich vor grad emol drei Johr fir d elsässich Zittung „Land un Sproch“ gschribe hab. Wer hät dertemol denkt, dass s Elsiss so nooch dasses au isch, emol si wit ewäg si wird. Grad de letschte Satz het mr z denke gäh.
Elsass – Baden, gestern und heute
Es war am weißen oder schwarzen See, es herrschte wahrlich kein Picknickwetter. Das Bild vor meinen Augen: Ein Citroën Ami 8 mit aufgeklapptem Kofferraumdeckel, unter dem die Erwachsenen schutzsuchend ihr Vesper genossen, die Jugendlichen mussten es sich auf den umherliegenden Felsblöcken bequem machen. Hört sich nach einem tristen Erlebnis an. War es aber ganz und gar nicht. Ich war eine der Jugendlichen. Außer diesem bildlichen Arrangement habe ich noch eine andere Erinnerung, die sich in meinem Hirn festgebrannt hat: Der köstliche Geschmack von Baguette mit Münsterkäse. Eine einfache Mahlzeit, ein einfacher Ausflug zu den Nachbarn jenseits des Rheins. Ausflüge wie diese gehörten nicht zum Alltag, denn der Alltag war wie überall von Schule und Arbeit geprägt, jedoch nahm man sich häufig die Zeit, am Wochenende oder in den Ferien ins Elsass zu fahren. Bei diesen Besuchen wunderte man sich mitunter über die Architektur, die gewagte Farbgebung beim Häuseranstrich, die Essgewohnheiten (Froschschenkel und Schnecken!). Aber der Austausch fand statt und wir waren froh, unsere mühsam erlernten Französischkenntnisse nicht anwenden zu müssen, verstand man sich doch unter Alemannen.
Dies alles hat sich verändert. Das Leben ist vielfältiger geworden, die Event-Kultur ist allgegenwärtig. Welchen Jugendlichen kann man noch mit einem einfachen Ausflug ins Elsass locken ohne adrenalinausschüttende Aktivitäten in Aussicht zu stellen? Wieso nach Straßburg fahren, kann man mit Billig-Airlines nahezu jede europäische Metropole in Kürze erreichen?
Wie kann man dieser Entwicklung entgegenwirken? Durch Vorleben.
Zum Beispiel einfach an einem Samstagmorgen den Nachwuchs ins Auto packen und anstatt beim heimischen Discounter Unmengen Unnützes einzukaufen, auf den Markt nach Mulhouse gehen. Dort gibt es alles, was man braucht und die Jugend staunt, dass man nach einer halben Stunde Autofahrt sich auf einem anderen Kontinent wähnt. Auch das gehört zum Elsass.
Aber die Beziehung Elsass – Baden sollte nicht nur auf das Kulinarische heruntergebrochen werden. Vielmehr sollten beide Seiten den Kontakt suchen, um Gemeinsamkeiten festzustellen und über Unterschiede zu reden. Austausch ist inspirativ, öffnet die Sichtweite und bringt neue Ideen hervor.
Zurzeit wird in Baden-Württemberg diskutiert, den Fremdsprachenunterricht, also englisch und französisch in der Grundschule zugunsten der Förderung der Schreib-und Rechenkompetenz der Grundschüler, teilweise zu streichen. Ein Raunen ging durch die südwestliche Nation.
Aber seien wir ehrlich? Die Anzahl der Vokabeln, die in zwei Jahren Grundschule vermittelt wird, entspricht der weniger Wochen Fremdsprachenunterricht in der weiterführenden Schule. Meine Vision: Einen jährlicher Klassenausflug zu den nahegelegenen Nachbarn, in den Schulalltag hineinschnuppern und dann gemeinsam mit der Partnerklasse eine landestypische Institution, beispielsweise eine Käserei besuchen. (Ich höre schon die Stimmen aus der Elternschaft im Südwesten, die Bedenken zur Laktose(un)verträglichkeit ihrer Kinder äußern, ganz zu schweigen von nicht vorhersehbaren Gefahren, die von Listerien ausgehen könnten.)
Und warum muss das Ziel der Studienfahrt in der Oberstufe immer möglichst weit weg und exotisch sein? Wieso nicht nach Straßburg fahren? Ein Konzert in der Laiterie, ein Besuch im Bain Municipal, Flammekueche à ladiscretion und die Romantik der Petit France erleben, könnten gleichermaßen Programmpunkte einer gelungenen Studienfahrt sein.
Innehalten, reflektieren, Urteile überdenken und aufeinander zugehen, letztendlich sich einfach ab und zu besuchen, wie alte Freunde. So kann die Beziehung Elsass-Baden lebendig gehalten werden.
S isch jo jetz Faschtezit, kei Fleisch, nix Siäßes un kei Tropfe Alkohol. So stohts gschribe. Ah ja, un räuche soll mr au nit.
Aber mr derf mittlerwil sini Faschtezit indiduell gstalte, also nach de eige Bedürfnisse un sälli wäre gfaschtet. Ganz „in“ isch Internetfaschte, Smartphonefaschte, Fernsehfaschte, Chatfaschte. Alles halt rund um s zäppe, daddle un so.
Also ich bin jo e ganz schwache Mensch. Des mit de Siäßigkeite dät ich noch hikriäge, s Fleisch kammer au gstohle blibe, un mit em Alkohol, do miäßt mr halt emol löege. Am meischte aber treffe däts mich, wenn ich läschtere faschte miäßt. Kei Dag dät ich durchhalte, ich kann d Gosche eifach nit halte, ums Rumlöege rutscht mr ebbis rüß. Mini eind inner Stimm sait „jetz gib doch mol e Röeh“ un diä ander sait „Aber wenns doch eso isch, möeß es doch ebber au sage, herrschaft nomol!“ Un schu ischs gschähne, de Giftpfil schiäßt durch d Luft. Manchmol b’halt ich mini Giftpfil au im Kopf. So hab ich mr nejlig denkt, wu e Frau mit sonere Läderlimintaleggin iber d Stroß gsträtzelt isch „Schwarzwurscht, des siht üs wiä e Schwarzwurscht, so eini mit Fettstickli drin, wils diä Delle vu de Oragehüt abgmolt het. Irgendwiä hab ich deno wider an d Faschtezit denkt, villicht wäge de Schwarzwurscht, zruck zöe de Fasnet un dass ich d Fasnet immer no nit verlide kann, aber villicht wir ich jo uf mini alte Däg noch Burgermeischteri in irgendeme Kaff un deno miäßt ich jo uf jeder Fall Fasnet mache – was dät ich do alege? Hejo, de ultimative Geischtesblitz het mich troffe.
Ich gang als Schlachtplatte. Ich bstell mr so zwei Läderimitatleggins, eini in schwarz un eini in hellbrün, schnid si in de Mitti üsenander un naij diä verschidene Farbe wider zöe einere Hose zämme. Blöet un Läberwurscht. Ich hätt uf diä Art gli zwei vun dänene Hose, des isch praktisch, eini zöem wechsle, wil dr in däne Plaschtikschlich bstimmt schwitzisch wiä ab. Fir obe rum döets Zottelbullover in kotzgriän als Sürkrüt un e Schärpe fir de Speck, wu ich sälwer amole miäßt. Do miäßt ich halt eweng iäbe, bis ich diä richtig Maserung vu durchwachsenem Büchspeck hikriäg. Villicht kennt ich au e Stick Stoff mit eme Bild vuneme Stick Speck bedrucke lo, so ebbis isch hitzedag kei Problem meh. Nur fir de Herdepfelbrei fallt mr nit i – au egal, ich nenns eifach Schlachtplatte „Low-carb-Variante“, isch sowiäso gsinder, wämmer bi Schlachtplatte iberhaupt des Wort gsund in Verbindung bringe derf.
Ajoo un Adjee
saits Rénate
Faschte isch nit jedermanns Sache, au manchi Fraue häns nit eso demit, s Rénate schu gar nit.
Des goht jo gar nit, mer kann doch kei Klobirschte z Wihnächte schenke. Ich mein aber, dass des nit immer s dimmscht wär.
Der Winter simmer bal fimf Mol im Theater gsi, so vilmol,
wiä in de letschte acht Johr nit. Des kann ich noochpriäfe, wenn ich em Mann
sini Kitteltasche üsrüm. Aber nur Kultur, nai do löege mer au als eweng in de
Wirtschafte z Friburg umenander. D Gaschtronome häns jo schwer, keini Kech, do
weiß miner Mann au e Liädli devu z singe. Keiner will meh in d Kuchi stoh un
Schnitzel klopfe, alli wänn si nur Schnitzel fresse, megschligscht ginschtig,
aber bio! Nur was het des jetz mit Klobirschte verschenke zöem döe?
Manchene Gaschtromome möeß es eso schlecht go, dass si sich
keine neje Klobirschte leischte kenne, wänn diä alte, wiä soll ich jetz sage,
ich sag emol „gsättigt“ sin. So schlecht un des obwohl si mit de Pris jo nit
zimperlig sin: viärfuffzig fir e halbe Liter Bier, drei Euro fir e Tee – was
koschtet e Teebejteli im Ikauf? Wisse ner was ich mein?
Trotzdem hab ich
eweng Bedüres mit de Gaschtronome un hab mer denkt, dass mer doch emol in de
Wihnachtszit, villicht mit eme rote
Zipfelkäppli uf em Kopf, vu Wirtschaft zöe Wirtschaft ziäge kennt un jedem Wirt
e neji Klobirschte, scheen gschmickt mit Dannezwigli un e baar Kugle,
iberreiche kennt.
Fir dis Johr langts mer nimmi, d Linzerdarde sin no nit
bache, Gschenker fähle au noch e baar un d Fenschter sin so dreckig, dass mer
bal nimmi rüssiht.
Aber firs negscht Johr hab ich mers fescht vorgnumme, diä
glai Ufmerksamkeit an diä unufmerksame Gaschtronome z verteile. Do bin ich gspannt,
was diä fir Gsichter mache.
Un wänn er s negscht Johr um Wihnachtszit e glaini Frau mit eme Jutesack uf em Buckel umenander laufe sähne, wu obe e Klobirschtli rüslöegt, isch des kei Ökoputzdiänscht, sondern ich.
Iberall in de Zittunge stoht ebbis iber de nackig Münschterturm oder Helm wiäs schins richtig heißt, also dass es Grischt weg isch un dass mer jetz wider nufstiige kann, ganz nuff bis zöe de Glocke un no wider. Wu ich des glääse hab, ischs mer ganz anderschd wore, nit nur wil ich nit schwindelfrei bin, sondern au wil ich e dunkels Geheimnis hab: Ich bin no niä obe gsi! Bis geschtern. Geschtern bin ich s allererscht mol in minem lange Läbe uf em Münschter gsi. Ich hab schu immer mol nuf welle, au frejer mit de Burschd, wu si noch glai gsi sin, aber de Kerli isch so e ufgregte Gingl gsi un s Maidli e Angschthas. Des hab ich mer nit luschtig vorgstellt, dem Gingl diä steil Stäge hinterher z’renn, mit em Maidli am Bei, wenn der sälwer fascht vor Angscht in Hose machsch.
D Burschd sin jetz schu e Wili nimmi glai, aber irgendwiä hets niä basst, meischtens hab ich schu e volle Ikaufskorb gha, wänns mer wider igfalle isch. Ob do au eweng s Unterbewußtsi e Roll gspilt het, säll schliäß ich jetz emol nit üs.
Aber jetzt bin i obe gsi. Am e scheene Herbschtdag. S isch schu e weng aaschtrengend gsi, diä ganze Stapfle nuff, ich hab zimlig gschnüft, aber wu ich aber obe akumme bin, isch mer schu s Herz uffgange, nit nur wäge de Aaschtrengung. Diä ganze Marktständ im Morgeliächt!
Zöem Alöege:
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Zöem Ahorche:
Un de Gschmack vu de aabaijde Ziwele vu der Wurschtständ! Ich sags Eijch, bis in de Glocketurm het mer des gschmeckt. Un ich hab nur e baar Leffel Müsli mit Ghia-Soome im Ranze gha. S Maidli isch nämlig e baar Daag do gsi un het allerlei Kerner und Müslizöetate mitbroocht un mir d Reschtli do gloh. Vor allem diä Ghia-Soome im Kiählschrank hän weg miäße, si solle jo säumäßig gsund si. Mich hets fascht glupft, wu ich diä schlimige, graue Bebbili ins Müsli gschittet hab. Dapfer hab ich e glains Schissili rabgworgelt.
Jetz aber wider zöem erfreulige Teil vun de Gschicht. D Üssicht isch grandios gsi, aber d Üssicht uf e langi Roti het mich bal wider nabtribe. Unte akumme bin ich schnöerstraks zöem erscht beschte Wurschtstand un hab mer e Wurscht g‘holt – üsnahmswis emol mit Ziwele, diä zöesätzlige Kalorie hab ich mir jo schliäßlig verdiänt.
Zöem Abschluss vu de Grillsaison – ich weiß, eigentlig grillt mer s ganz Johr durch – noch e glaini Grillgschicht.
Der Summer het mi Mann mol vu de Arbet üs agröefe un gsait, dass er s Obendesse mitbringt un ich nit mache miäßt, nur villicht de Grill eweng süfer mache, also de verbägelte Dreck vu de letsche zeh Mol Grille wegkratze. E Stammgascht vunem het em ORIGINAL Thüringer Roschtbrotwirscht mitbrocht. Drei Stick, diä zwingt er nit elai, aber mer sott si hit Obend mache.
Eigentlig hab ich nur e Salat mache welle, bi dere Sauhitz wu mer gha hän, aber de Salat kammer au mit ere Wurscht esse. Nur an Thüringer Roschtbrotwirscht hab ich kei so göeti Erinnerung. Ich mein, mer hän emol e baar bineme Grillfescht g’esse. Irgendwiä hab ich dertemol ans Fichtenoodleschaumbad in de Literflasche üs de siebziger Johr denke miäße. Deswäge hab ich mir noch schnell e baar langi Roti gholt, fir alli Fäll. Diä drei Roschtbrotwirscht zwingt er schu au elai.
Wu miner Mann heimkumme isch, hab ich schu e Stund lang de Grill in der Mittagshitz (Südweschtbalkon) butzt gha un bin dementsprechend göet g’lünt gsi. Un deno git er mr e labberigi Blaschtikgugele in d Hand, mit drei Wirscht drin. Des hesch aber nit richtig üsmache kenne, dass s des Wirscht hän si solle. Isch do villicht e Laschter driber gfahre oder isch do ebber druf g’hockt? So hets uf jeder Fall üsgsähne.
Mer miäßt diä Wirscht erscht noch forme, het g‘meint un isch go dusche gange. Ich hab des igschweißt Päckli ufgschnitte un mir des necher aglöegt. Ehrlig, mich hets fascht g’lupft, wu ich diä labbrige Plattwirscht zöe richtige Wirscht gformt hab. Bim Drille hets diä Zipfili nur so umenandergschlenkeret. Des isch schu e bsunders Erläbnis gsi un deswäge hab ich diä Formerei ufgnumme. Löege nur hi!
Uf em Grill isch deno ebbis bassiärt, des kammer sich nit vorstelle. D Wirscht hän sich bewegt, wiä e Rüp! Deswäge gits nomol e glains Filmli.
Jetz noch d Gschmacksüswertung. Ich hab diä Thüringer Brotwirscht noch emol probiärt. De Gschmack isch bi däne gar nit emol so iibel gsi, aber d Hüt, so laberig si am Aafangs gsi isch, het si sich bim Brutzle in e Art Läderhüt verwandlet. Ich iss halt liäber diä lange Rote, aber au nit alli. Un miner Mann het nit alli drei Thüringer Wirscht zwunge, ich glaub, einehalb het er verstohle in de Abfall gworfe un unteri tschopperet un in de Nacht het er gheerig s Ranzepfiffe gha.
– Fir alli, wu liäber zöehorche, d Tondatei isch ganz am End vum Beitrag –
Irgendwänn der Summer isch mer alles, aber wirklig alles uf de Wecker gange. Richtig unlidig bin ich wore. In de Badische häns sis nur vum Lollo oder vum Synagogeplatz gha. E viertel Johr Summerloch und Süri-Gurke-Zit ! Un des Wetter het mer z schaffe gmacht, heiß un stickig isch s gsi. D Stadt voller Tourischde un Baustelle, an de Dreisam sin d Lit rumgläge, zwische Abfall un vollgschissene gäle Plaschtikgugele – Friburger „savoir vivre“.
Mir hets eso glangt. Heinomol, ich will nimmi schwitze, ich will wu anderschd hi, wu s nit eso heiß isch, wu e Liftli goht, wu mer z Nacht schloofe kann, wu s meh Wasser git, nur wu kennt des denn si? Hejo, HAMBURG. Do will ich hi. Wurum bin ich do nit schu frejer druf kumme? Des alles isch mer am Sundig Obend durch de Kopf gange, wus mol wider e Wiederholung vum Tatort im Fernseh gäh het. Mir hän en schu kennt, hämmer gmeint, aber sicher simmer uns nit gsi, miner Mann un ich. Mir wäre halt beidi nit jinger!
Am Mändig Morge, gli, wu de Mann endlig furt gsi isch – sunscht isch er jo am Mändig immer deheim, aber er het wäge nere greßere Gschicht zöem Zahnarzt miäße – hab ich mich an de Laptop ghockt un nooch Agebote fir Hamburgreise glöegt un au ebbis bassends gfunde. Jetz möeß nur noch mi Liäbschte frei ha.
Wiä kennt ich des rüskriäge? De Mann eifach frooge? Liäber nit. Wenn der en heersch, kenntsch als grad meine, dass d Lit reihewis verhungere, wenn er nit in de Kuchi stoht. Also hab ich eifach in de Wirtschaft agröefe un mir de Diänschtplan vu minem Schätzli durchgäh loh. S het basst! Er het viär Daag am Stick frei gha.
So, jetz bin ich mit em Iberraschungsüsflug dra gsi. Was der kann, also miner Mann, des kann ich schu lang! Entscheidung un Iberraschung
Also eifach nur planlos durch Hamburg dappe, hab ich au nit welle. E glai weng ebbis Kulturells kann nit schade. Aber, was macht mer denn eso in Hamburg, üßer zöem Musical goh? Des isch jo gar nit fir mich, Nai, bittscheen keini Musicals. S git jo e Udo Lindenberg Musical, hab ich glääse. Der kammer doch au no leibhaftig uf de Bühni sähne, do möeß mer doch kei Musical drüß mache, aber d Lit meege des, so hets de Aaschin.
Deswäge hab ich mich bi de Tourischteinformation erkundigt, wiäs denn eso mit Karte fir diä nej Elbphilharmonie üssiht. Schu an der kurze Paus mit eme glaine Schnüfe am ander End vu de Leitung hab ich gmerkt, dass ich in de Kategorie Landei un Dorfdepp igordnet wore bin. Frooge derf mer jo emol kenne! Villicht s negscht Johr, het mer mir gsait, do miäßt ich mich aber bal entscheide. Dass ich nit s negscht Johr, sondern schu diä negscht Wuch nooch Hamburg wott, hab ich deno zimlig bissig igworfe. S Fräulein am ander End het sich deno rabgloh mir de Tipp z gäh, dasses bi de Staatsoper firs Ballett vum John Neumeier, des sei e weltbekannte Choreograph, het si em Landei erklärt, noch Karte gäh kennt, vu Abonennte, wu kei Zit oder kei Luscht hän uf regelmäßigi Kultur. Ich hab mich bedankt fir der wertvoll Tipp un hät am liäbschte gfrogt: „Was isch denn e Choreograph?“ Des hab ich mer verdruckt.
Un tatsächlig, dert hets noch Karte gäh, aber zöem Karte kaufe het mer erscht emol e eige Konto aleege miäße mit Passwort un allem drum un dra. Ich bin schu ganz nervees wore, nit dass des au nit wird, aber deno: Klick, klick, klick, mir gehn ins Ballett. Ich hab gar nit glöegt, wiä des Stick heißt un um was dasses goht.
Also diä Iberraschung mit de Hamburgreis an sich het mi Mann fir sini Verhältnis göet verkraftet. Jetz kunnt aber noch s kulturell Zickerli un des hab ich em ganz schonend beibringe welle. E Sakko sottsch au mitnämme, un e Hämm un e Kravatt, hab ich vorsichtig aagfange. Wurum er des sott, het er wisse welle, er heb kei Luscht uf Restaurants mit große Deller, wu glaine Portione mit schlaihem Esse druf sin un dodefir d Priis gsalze. He nai, des wott ich doch au nit, hab ich en beröehigt un deno d Wohret iber s Kulturprogramm rüsgloh. Un üßerdem dät er doch eso stattlig üssähne, mit Sakko, hab ich em g’wohldobelt. Der hättsch kenne e Stecknodle rabkaije heere. Er isch eifach nur dogstande, hets Mül ufgsperrt un nit gsait. So isch er e Wiili dogstande, wiä versteineret. Mir ischs ganz anderschd wore, nit dass er s noch am Herz kriägt un hab eifach druf los gschwätzt: Ballett, scheeni jungi Lit, wu federelicht danze, schlanki, elfehafti Maidli in paschtelfarbige Kleidli wu uf de Zechespitze iber d Bühni tripple un zwischedurch vu durchtrainierte junge Männer umenander trajt un gschlenkeret wäre.
Ganz langsam un ganz lislig het er sich umdrillt un isch üsem Zimmer gange, s einzig, was er gsait het, isch gsi: Un d Männer hän Strumpfhose aa . . .
Böecht isch böecht, do gehn mir hi!
Adjee mitenand
saits Rénate
. . . mir sin zöem Ballett gange. D Männer hän keini Strumpfhose aagha. Ich hab mich nit träut des im Theater z fotografiäre, aber sunscht hab ich schu e weng in Hamburg rumknipst.
Hit, vor nere Wuch bin ich bim StadtLesen in Ändinge (Endingen) gsi. Z Andinge, dät de iigebore Andinger sage. Fir alli wu des nit kenne, kennt mer des so erkläre: In de Stadt sin iberall Beächerregal ufbaut, mer kann sich Beächer schnappe un drin rum lääse. Bequäm sotts aber au si, wägedem lige Sitzsäck rum. „Fat boys“ sait mer dänne, iibersetzt „fetti Kerli“, also Fettsäck – bassender goht gar nit. Un fir diä, wu nit so sportlig sin, gits au Bänkli un Hocker. De Marktplatz het üsgsähne wiä e großes Wohnzimmer mit ere Bibliliothek.
Un am Frittig isch „Tag des alemannischen Dialekts“ gsi. Do bin ich higange, wil mer de Wunderfitzgigl kei Röeh glo het, was denn echti, richtigi Mundartautore so z’sage hän. Live isch des jo noch emol ganz anderscht, wiä wänn ders liesisch.
S isch nit schlecht gsi, was do botte wore isch. E ganz jungi Autorin het ihre Gedanke freie Lauf gloh, frei gsproche, ohni vum Blatt z lääse. Aber diä alte Hase hän au ebbis z verzelle gha, noochdenklig, weise un au giftig. Mer het gäärn zöeghorcht. Moderiert isch des Programm au no wore, in feinschtem Kaiserstöehlerisch. Des isch e Muettersprochler gsi, do gits keini Zwiifel.
Aber ich hab au eweng in d Beächerregal niglöegt un ei Böech rüsgfischt, ender zöefällig, wu ich bim Lääse eweng ins Stüüne kumme bin. Der Autor, de Gunnar Schade, het so vili Sache uf de Punkt brocht, wu ich denkt hab, räächt het er. Wurum fallt mir so ebbis nit ii?
Do, e kleini Koschtprob:
Die Menschen, die Toleranz und Menschlichkeit propagieren, haben meist ein sehr viel höheres Ansehen als die Menschen, die tolerant und menschlich sind.
Oder des:
Wir sollten keine Menschen klonen. Was wir brauchen, sind Originale.
Aber s isch irgendwänn zimlig kalt wore, ich hab gfrore wiä e Schnider un bin rückenschonend üs dem Sitzsack grobelt. Glickligerwis het mich keiner kennt.
Un Hunger hab ich au gha. Ich hab mich aber nit entscheide kenne, ob ich zum Dönerlade oder zum Chines goh soll. Am End hab ich s Auto vollbreselt mit eme Hildabretli. Des isch au göet gsi, aber eigentlig hätt ich meh Luscht uf ebbis Herzhafts wiä e Falafel oder abrootini Gmiäsnüdle gha.
Aber d Badwanne het mich gröefe un fir alli Fäll hab ich jetz jo immer e paar Bichse Wurscht do.
Letschtin hab ich mi Lieblingslippestift gsöecht un bi dere Glegeheit alli Handdasche üsgrümt un e Hüffe Ziigs gfunde. Nit nur de Lippestift, au zwelf Päckli Tempotaschetiächer, einzelni brüchti au, aber diä hab i nit zellt . . .
Un im Abendhandtäschli hab ich d Iitrittskarte un s Programm vu minem letschte Theaterbsöech gfunde. Des isch eso gsi:
Mi Nochberi het an de Tiire klinglet un gfrogt, ob ich mit zöe ne me Musical goh wott. Si het e Karte iibrig, wil de Mann krank wore isch. Do isch si bi mir grad an de richtig Adress! Dass ich e zimlig gschpaltes Verhältnis zöe Musicals hab, het si jo nit wisse kenne. Ich hab mer blitzschnell alli megliche Üsrede iberleijt, wurum ich nit mit kann. Ich hab nämlig kei Luscht gha, noch Stuttgart in des künschtlig Musicaldorf z fahre un mir ebbis aazlöege, was mer nit gfallt und au no Geld defir z zahle. Dass des Musical wu anderschd si kennt, isch mer gar nit in de Sinn kumme.
„Nai, hämmer gsait“ het des Musical gheiße, wu mer hi hän welle. Jeh, bin ich do erlichtered gsi, wun i des ghärt hab. Dodevu hab i nämlig schu glääse gha un eigentlig au hi welle. Aber wiä so vieli anderi Sache wider vergesse. Also simmer do hi, wil s Gottikind vunere, wu in Forche wohnt, nämlig mitgspilt het.
Bim Aastoh sin e hüffe Kinder un Jugendlichi unterwägs gsi, Schauspiler oder Zöeschauer, säll hesch nit so rächt sage kenne, un fascht alli hän alemannisch gschwätz . Un des in Friburg! Mer trifft vilmols uf Gruppe vu Jugendlichi, wu franzesisch oder spanisch schwätze, aber alemannisch, des hab ich noch niä erlebt.
Un so isch s wider gange im Musical. Diä hän e Freid am Spiele gha, des hesch gmerkt. Jeder so wiä ner kann. Kleini Fähler hets au gä un de Gesang isch manchmol eweng schräg un schrill gsi, aber weh döe hets nit. Un diä junge Lit hän nit nur alemannisch kenne, s Ghettoditsch hän si au perfekt beherrscht, sch anstatt ch un keini Artikel vor der Hauptwerder!
Aber d Kinder hän au ebbis gläärt, iber d Vergangeheit vu de Eltere un de Großeltere un ich ibrigens au. Also wänn alli Musicals eso wäre . . .
Leider isch des nit eso. S letscht Mol wu ich imme Musical gsi bin (in Schduegrd), het diä männlich Hauptfigür de weibliche Hauptfigür uff de Bühni an Bruscht glangt (nit an de Bruschtkorb). Mir het des ganz kitschig Gejohle sowieso nit gfalle, aber des het mer de Rescht gäh. Mini Kolleginne, wu mit debi gsi sin, hän des gar nit gmerkt, diä hän vor Rührung hiile miäße.
Mir isch s nit nooch Hiile gsi, ich wär am liäbschte ufgstande un hät breält: „Mach dini Griffel ewäg!“
Aber de Kollegine hets gfalle. D Frau Hummel-Obermann (d Chefsekretäri) isch nit debi gsi. Diä het gsait, dass si liäber in d Oper goht. Wär ich gscheiter mit ere in d Oper gange.
„Adjee mitenand“
sait s Rénate
(Vielen Dank an Christel Hülter-Hassler und Heidi Zöllner für die Fotos.)